Die Einflussfaktoren auf das Zinsniveau - PrudentWater
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Die Einflussfaktoren auf das Zinsniveau

Das allgemeine Zinsniveau wird von mehreren verschiedenen Faktoren beeinflusst, wobei allen zugrunde liegt, dass es sich um gesamtwirtschaftliche Mechanismen handelt, die Einfluss auf die Zinsen nehmen. Das Zinsniveau selber ist kein bestimmter Zinssatz, sondern gilt als eine Art Durchschnittwert für die Aufnahme oder Vergabe von Kapital und drückt somit die aktuelle Zinssituation an den Märkten aus. Als Referenz für das aktuelle Zinsniveau wird in Deutschland die Anleiherendite von deutschen Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren herangezogen, weltweit werden hingegen oftmals 10-jährige US-amerikanische Staatsanleihen betrachtet.
Zunächst gilt, dass der Zins sich aus dem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage nach Kapital ergibt. Ist das Angebot an Kapital größer als die Nachfrage, so werden die Zinsen fallen, ist hingegen die Nachfrage nach Kapital größer als das Angebot, so wird das Zinsniveau steigen. Geld ist also ebenso eine Ware, die dem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage unterliegt. Der Preismechanismus des Zinses wird jedoch nun von verschiedenen Faktoren beeinflusst:

Konjunktur

Die Konjunktur bezeichnet das Auf und Ab einer Volkswirtschaft und lässt sich in einzelne Zyklen unterteilen. Im Aufschwung sowie in der Hochkonjunktur nehmen die Auftragseingänge zu, einhergehend wird die Produktion gesteigert und Investitonen in das Anlagevermögen sowie in neue Technologien nehmen zu. Folglich erhöht sich die Nachfrage nach Kapital, bei gleichbleibendem Angebot werden die Zinsen für Kredite dann jedoch ansteigen, wodurch allgemein das Zinsniveau nach oben tendiert. Innerhalb eines Abschwunges sowie in der Depression wird die Nachfrage nach Kapital jedoch zurückgehen, wodurch das Zinsniveau dann rückläufig ist. Unternehmen scheuen nun große Investitionen, da die zukünftigen Aussichten unsicher sind und sie nicht bereit sind große Investitionen, wozu entsprechend Geld aufgenommen werden muss, zu tätigen. Ähnlich verhält es sich nun mit den Kapitalströmen an der Börse, wo die Zinsen für festverzinsliche Wertpapiere maßgeblich mitbestimmt werden. Innerhalb der Aufschwungsphase oder gar der Hochkonjunktur sind Anleger bereit ein höheres Risiko bei ihrer Geldanlage einzugehen, sprich, es findet oft eine Umschichtung von sicheren Anlageklassen wie Anleihen und Pfandbriefen in Aktien statt. Durch diese Kapitalumschichtung geht jedoch die Nachfrage nach festverzinslichen Wertpapieren zurück und entsprechend steigt die Anleiherendite an. Anleihen werden nun nicht mehr so stark nachgefragt, also müssen Emittenten von Anleihen den Investoren einen attraktiveren Zinssatz bieten, damit sie den jeweiligen Unternehmen sowie Staaten weiterhin Geld leihen. Der Marktzins steigt folglich somit auch an. Die Umschichtung des Geldes in Aktien während einer Aufschwungphase oder gar Hochkonjunktur hat somit zur Folge, dass das allgemeine Zinsniveau ansteigt. Da Unternehmen in solchen Phasen jedoch auch höhere Gewinne erzielen, können sie die gestiegene Zinslast oftmals auch besser verkraften.

Inflationsentwicklung

Die Entwicklung der Teuerungsrate hat ebenso eine entscheidende Auswirkung auf das Zinsniveau. Sowohl die Inflation als auch die Deflation beeinflussen dabei die Entwicklung des Marktzinses. Bei der Anlage in Anleihen und andere festverzinsliche Formen der Geldanlage wird somit die zukünftige Preissteigerungsrate berücksichtigt. Je höher die in Zukunft erwartete Inflationsrate, desto höher der Nominalzins, den Anleger für die Kapitalbereitstellung für einen bestimmten Zeitraum verlangen. Dieser in Form von Prozentpunkten zusätzliche Risikoaufschlag wird auch als Inflationsrisikoprämie bezeichnet und fällt umso höher aus, je größer die erwartete Inflationsrate ist. Steigt also die Inflationsrate mittel bis langfristig an, so wird auch das Zinsniveau steigen. Herrscht jedoch Deflation, so werden die Zinsen fallen, da Anleger nun keinen Aufschlag in Form der Inflationsrisikoprämie mehr fordern. In diesem Fall findet keine reale Geldentwertung statt, sondern eine reale Geldaufwertung, wodurch sich für Anleger die Rendite aus dem Nominalzins plus der Deflationsrate ergibt. Sprich, in deflationären Zeiten verlangen Investoren einen geringen Zins, da der Realzins mindestens dem Nominalzins entspricht, während einer anziehenden Inflation jedoch verlangen Investoren hingegen höhere Zinsen, um den Kaufkraftverlust ihres Geldes verursacht durch die anziehende Teuerungsrate auszugleichen.

Geldpolitik

Durch die Geldpolitik können Zentralbanken direkt Einfluss auf das Zinsniveau in dem jeweiligen Land / Währungsraum nehmen. In erster Linie geschieht dies durch die Veränderung der einzelnen Leitzinsen sowie durch eine Anpassung der Geldmenge. Bei einer expansiven Geldpolitik wird der Leitzins der Zentralbank gesenkt und die Geldmenge erhöht. Diese Maßnahmen werden oft in Zeiten negativer Wirtschaftswachstumsraten umgesetzt und haben ein rückläufiges Zinsniveau zur Folge. Die restriktive Geldpolitik hingegen führt zu einem ansteigenden Zinsniveau, da die Zentralbank ihre Leitzinsen erhöht und die umlaufende Geldmenge senkt. Da mit sinkender umlaufender Geldmenge auch das Angebot an Geld sinkt, steigt folglich der Preis (Zins) für das Geld an. Durch die restriktive Geldpolitik steht dem Markt (vor allem den Banken) weniger Liquidität zur Verfügung, welches in festverzinsliche Wertpapiere investiert werden kann, sprich, die Nachfrage nach Anleihen ist rückläufig und die Anleiherendite steigt entsprechend an. Durch die Anpassung der Leitzinsen kann die Zentralbank direkt das Zinsniveau steuern. Der Leitzins der Europäischen Zentralbank ist der Hauptrefinanzierungssatz, verändert sie diesen, so hat das direkte Auswirkungen auf den Marktzins.

Fiskalpolitik

Die Fiskalpolitik geht vom Staat aus und umfasst alle Maßnahmen, um die wirtschaftliche Entwicklung des Landes zu beeinflussen. Eine expansive Fiskalpolitik beschreibt eine Erhöhung der Staatsausgaben durch zusätzliche Schuldenaufnahme und verursacht oftmals steigende Zinsen. Dies aufgrund der Tatsache, dass die durch den Staat verursachte zusätzliche Nachfrage nach Kapital signifikant das Angebot und Nachfrage-Gleichgewicht beeinflusst. Eine restriktive Fiskalpolitik, in der der Staat die Ausgaben kürzt und gleichzeitig versucht das Staatsdefizit zu verringern, verursacht hingegen ein fallendes Zinsniveau. Hier geht die Nachfrage nach Kapital zurück, wodurch gleichzeitig der Preis (Zins) für Geld fällt. Darüber hinaus verursacht eine expansive Fiskalpolitik oftmals eine steigende Inflation, wodurch Gläubiger schlussendlich höhere Zinsen für ihr verliehenes Geld verlangen, um den Realzins auf einem konstanten Niveau zu halten. Die restriktive Fiskalpolitik hingegen kann zu einem Rückgang der allgemeinen Teuerungsrate führen, weshalb die Zinsentwicklung in dieser Phase oftmals rückläufig ist.

Internationale Zinsverflechtungen

Die ausländische Zinsentwicklung beeinflusst ebenfalls die Zinsentwicklung im Inland. Steigen beispielsweise in der Schweiz die Zinsen an, so wollen Investoren aus Deutschland von den im Vergleich zu ihrem Zinsniveau höheren Zinsen profitieren. Dazu exportieren sie Geld in die Schweiz, das Angebot an Kapital steigt also dort an, in Deutschland hingegen nimmt das Angebot an Kapital ab, wodurch automatisch eine Annäherung der unterschiedlichen Zinsniveaus stattfindet. Allerdings wird die Zinsentwicklung unter Ländern in erster Linie von der Bonität, der finanziellen Stabilität sowie von den wirtschaftlichen und politischen Gegebenheiten geprägt. Dies ist auch der Grund, warum beispielsweise eine Staatsanleihe eines afrikanischen Landes, auch wenn diese in Euro notiert, immer noch teilweise einen deutlich höheren Zinssatz bietet als eine deutsche Staatsanleihe mit gleicher Laufzeit. Investoren, vor allem institutionelle Investoren, akzeptieren jedoch das höhere Risiko einer in diesem Fall afrikanischen Staatsanleihe ab einer gewissen Rendite über jener der deutschen Staatsanleihe. Da sie aber mit dieser Geldanlage ein höheres Risiko eingehen, verlangen sie dafür eben eine Kreditrisikoprämie. Nichtsdestotrotz beeinflussen die internationalen Zinsentwicklungen den Inlandszins. Dies ist vor allem der Fall für die Zinsentwicklungen der großen Industrienationen. Steigen beispielsweise in den USA die Zinsen signifikant an, so wird auch das Zinsniveau in Deutschland bis zu einem gewissen Grad mit ansteigen.

Angebot und Nachfrage von Anleihen

Ebenso beeinflusst das Angebot und die Nachfrage den Zins einer Anleihe. Dies bezieht sich dann jedoch eher auf Staatsanleihen eines einzelnen Staates. Beginnt der Staat damit, mehr Anleihen als bisher zu emittieren, steigt das Angebot der Anleihen des Staates, bleibt die Nachfrage jedoch gleich, wird der Kurs der Anleihe fallen und zeitgleich der Effektivzins steigen. Der Staat emittiert oftmals aufgrund eines steigenden Haushaltsdefizites mehr Anleihen, dadurch steigt jedoch auch das Volumen der ausstehenden Anleihen und es findet eine Anpassung des Preises der Anleihe nach dem Angebot und Nachfrage-Prinzip statt.